Meine 6. Reise in den Kongo, 2016

Manuela Erber-Telemaque

Meine 6. Reise in den Kongo dauerte von Anfang Juli bis Ende September 2016 und die Zeit verging wie jedes Mal viel zu schnell. Am liebsten würde ich immer viel länger bleiben, aber leider geht sich das nicht immer aus und es muss alles gut eingeteilt sein.

Reisevorbereitungen

Bei dieser Reise sind wieder zwei Volontärinnen mitgekommen, die Volksschullehrerin Petra und die Hauptschullehrerin Laura und sind in Tshumbe für ein Monat geblieben. Die Vorbereitung auf ihr Volontariat war relativ intenisv und wir hatten einige Treffen. Auch mit Magdalena, die ja auch schon als Volontärin in Tshumbe war, haben sie sich getroffen und Tipps von ihr geholt und die Zeit gemeinsam vorbereitet. Die Vorbereitung war ziemlich konkret, da die beiden in Tshumbe für die Fortbildung unseres Lehrpersonals in der Grundschule tätig waren und ich ihnen daher schon genau sagen konnte, was wir in Tshumbe benötigen. Und obwohl die Vorbereitung so gut war, war ihnen dann vor der Reise doch nicht ganz klar, wie sie alles umsetzen sollten, da auch trotz den vielen Erzählungen nie eine reale Vorstellung von Tshumbe und den Menschen dort geschehen kann. Man muss es einfach gesehen haben und dort sein um dann konkret rauszufinden, wie man Projekte oder Vorhaben angeht. Aber ich finde, das ist doch genau das Schöne daran: woanders hin zu kommen, wo die Uhren ganz anders ticken, wie bei uns in Österreich und sich dann auf diese Situation ein zu lassen, die Menschen kennen lernen und mit ihnen Zeit zu verbringen, gemeinsam zu lachen, aber auch schwierige Situationen zu erleben, das macht einen selbst stärker.

Für mich selbst war auch einiges an Vorbereitungsarbeit zu erledigen und zu planen, was bei dieser Reise wieder alles zu erledigen werden ist. Außerdem ging dieses Mal wieder viel Gepäck mit, dafür danke ich ganz, ganz herzlich dem Reisebüro Christophorus Reisen, die uns immer helfen, dass mehr mitgehen kann durch unsere Hilfsprojekte. Beim Packen sind wir inzwischen ja schon richtige Profis und nutzen jeden Millimeter aus und bei der Reise heißt es dann immer schleppen und viel Muskelkraft aufsparen. J

Auch mit dem Visum war es wieder mal nicht einfach. Kongo ist in dieser Hinsicht (auch in anderen Hinsichten) sehr schwierig, aber irgendwie funktioniert dann doch wieder alles, wenn man sich nur viel einfallen lässt. Ich habe eigentlich ein Missionarsvisum, jedoch habe ich einen neuen Pass bekommen und durch meine Heirat im Mai eine Namensänderung vorgenommen. All dies hatte ich vorher schon im Kongo und bei der Botschaft nachgefragt und es hat geheißen, dass es kein Problem werden wird. Doch nun, nach vielen weiteren Telefonaten ging es anscheinend doch nicht so einfach und ich musste wieder bei der Botschaft ein neues Eintrittsvisum beschaffen und dann in Kinshasa mir wieder das 5 Jahresvisum umändern lassen auf den neuen Pass. Alles sehr nervenaufreibend, aber ich hab ja gelernt das locker zu nehmen mit dem Kongo J (Später fand ich dann heraus, dass sie mir in der Botschaft und auch in der Migrationsbehörde eine falsche Auskunft gegeben haben, da sie sich selbst nicht auskennen, und ich das alles nicht machen hätte müssen…aber ehrlich gesagt, nehm ich das nicht so schlimm, denn da hab ich in Österreich auch selbst so einiges erlebt gehabt mit Dokumenten…)

Eine Woche vor meinem Flug mit Türkish-Airlines über Istanbul fand dann in Istanbul direkt am Flughafen ein schlimmer Anschlag statt, bei dem sehr viele Menschen ihr Leben verloren und noch mehr verletzt wurden. Viele Menschen hatten daraufhin ihre Flüge gekänzelt. Es ist wirklich traurig, wie es zur Zeit in Europa hergeht und dass man sich hier fast nirgend wo mehr sicher fühlt, beziehungsweise vor allem in den großen Städten nicht. Da fühl ich mich jetzt schon manchmal im Kongo sicherer als in Europa. Bei meinem Flug dann selbst flogen viele Menschen mit, die weinten während des Fluges, das ich auf den Anschlag zurückführte und es tat mir wirklich im Herzen weh.

Kinshasa

Kinshasa erreichte ich dann am 06. Juli abends und würde hier bis zum 16. Juli bleiben, um dann nach Tshumbe zu fliegen/fahren. Denn am 15. Juli erwartete ich die beiden Volontäre und kurz davor schon Kerby, meinen Mann, der im Juli beginnt in der amerikanischen Botschaft in Kinshasa zu arbeiten. So wird hoffentlich alles ein bisschen einfacher für uns, da er schon näher an Tshumbe ist und Kinshasa sowieso für uns immer ganz wichtig ist für Erledigungen und Dokumente, die jedes Jahr besorgt werden müssen. Auch zum Kontakte knüpfen ist das super, also haben wir uns dafür gemeinsam entschieden, dass er das macht. J

Als ich in Kinshasa am Abend ankam, dauerte es bis Mitternacht oder noch später, bis ich endlich eine Unterkunft fand bei Freunden von mir und Kerby. Es war überall alles besetzt in den kleinen Unterkünften, die ich sonst kannte und am nächsten Tag erst fand ich einen Platz in einer neuen Unterkunft, das so wie ein Hostel ist von Pfarrern. Da ist es eigentlich ganz nett und ich habe einige nette Leute kennen gelernt. Dort leihte ich mir auch gleich ein Auto aus und fuhr in Kinshasa herum um meine Erledigungen zu machen. Inzwischen kannte ich mich schon ziemlich gut hier aus und fing ich an Kinshasa zu mögen und mich hier zurecht zu finden.  Gemeinsam mit dem Fahrer und manches Mal noch einem Bekannten vom Militär, der mir eine große Hilfe ist, erledigten wir alles: machten Einkäufe für Tshumbe auf dem lokalen großen Markt (vor allem Medikamente, Stoffe, Plastikboxen, große Töpfe,…usw.), bei der Migrationsbehörde schaute ich um mein Visum und bei den Ministerien ging es wieder mal eine Etappe weiter mit der Beschaffung der Dokumente (im Kongo geht das leider alles sehr langsam…außer man hat Kontakte zu ganz oben und schmiert viel Geld, dann geht es schnell). Kerby hat inzwischen auch seinen Unimog und seine Maschinen für sein wirklich tolles Projekt in Tshumbe herschiffen lassen, ich bin ihm so dankbar, dass er so viel auf sich nimmt um mit mir zu sein und mein Traum auch zu seinem wird. Also hab ich auch nach dem Unimog geschaut und dort für die Überfahrt nach Tshumbe einiges organisiert.

Kerby ist dann ein paar Tage vor Laura und Petra gekommen und wohnte in einem schönen Hotel (das zahlte ihm seine Arbeit), wo ich dann auch wohnen durfte. Das war für mich wieder eine neue und sehr andere Erfahrung. Denn die Unterkünfte, in denen ich normalerweise war oder bin, sind immer sehr einfach, aber für mich völlig ausreichend. Und das Hotel natürlich wunderschön, das war wirklich eine kleine Umstellung für mich, aber mit Umstellungen kam ich inzwischen sehr gut klar.

In Kinshasa als weiße Frau fast allein herum zu gehen, macht mir inzwischen nicht mehr viel aus und ich hab mich, wie auch in Tshumbe an die vielen neugierigen Blicke gewöhnt. Angst hab ich hier keine, nur manchmal wenn ich Polizisten sehe, die mag ich nämlich nicht so, da ich immer schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hab.

Nachdem Laura und Petra gekommen waren machten wir uns am nächsten Tag auf dem Weg zum nationalen Flughafen. Das ist jetzt der Flughafen, der vorher der internationale war, da ja der internationale Flughafen neu gebaut wurde. Das alles ist schon eine große Erleichterung und eine 100 Prozentige Verbesserung zu vorher. Beim Flughafen war alles viel einfacher, als sonst immer und nicht mehr so ein Tumult und Chaos wie zuvor. Wir flogen sogar bis Mbuji Mayi mit einem großen Flugzeug und von da erst bis nach Lodja mit einem kleineren, der aber auch noch größer war, als die meisten, mit denen ich bei meinen früheren Reisen geflogen bin.

Am Flughafen in Kinshasa lernten wir eine riesengroße Gruppe von jungen Spaniern kennen, alle um die 20 Jahre oder noch jünger, aber mindestens 20 Leute. Sie machten auch alle irgendwo ein Volontariat, doch sie wussten nicht einmal wo und kannten alle kein einziges Wort Französisch, außer eine Person denke ich. Sie wollten dort Kinder unterrichten. Meine Meinung dazu ist, dass so etwas zwar gut gemeint ist, jedoch sollte ein Volontariat keine Maturareise oder Partyreise sein, denn so schaute das aus und eine gute Vorbereitung sollte geschehen. Außerdem halte ich nicht davon, dass „wir“ Europäer kommen und die Kinder unterrichten, denn das bringt gar nichts, es macht alles nur noch schlimmer, denn danach, wenn sie wieder zurück fliegen, wird alles noch schwieriger wie zuvor.

Im Flug war auch der Bischof von Tshumbe mit dabei, mit dem ich einen guten Kontakt hab und auch ein hoher Politiker (das erfuhren wir dann erst, als wir in Lodja landeten und die gesamte Landebahn voll mit Menschen war und einer Parade, viele Polizisten und Soldaten, die den Politiker begrüßten, der aber leider in Wahrheit nicht viel für den Kongo tut)

Lodja

In Lodja verlangten die Behörden natürlich wieder ein neues Dokument von den Volontären, das sie nicht dabei hatten und ich auch nicht. Also mussten wir durch ganz Lodja fahren um irgendwo Internet zu finden um diese Dokumente aus zu drucken, das dauerte wieder ein zwei Stunden. Danach war es schon zu spät um nach Tshumbe zu fahren und wir übernachteten bei den Klosterschwestern. In der Früh wachte ich dann ganz früh auf (das mach ich immer automatisch im Kongo) und lernte viele neue Menschen kennen, die eine Hochzeit vorbereiteten in der Nähe, bis Petra und Laura aufstanden. Später zeigte ich den beiden ein bisschen Lodja und wir besuchten einige Bekannte. Als wir dann am Nachmittag schon gar nicht mehr dachten, dass wir nach Tshumbe fahren könnten und es zu gewittern begann, fuhren wir von einer Sekunde auf die andere los und alles musste schnell gehen. (Da wir ja noch nicht selbst ein Auto haben, sind wir immer auf andere angewiesen und müssen uns nach denen richten. Als wir dann auf dem Weg waren, war ich überglücklich bald nach Tshumbe zu kommen und meine Kinder, Mitarbeiter und all meine lieb gewonnenen Menschen wieder in die Arme zu schließen. Ich strahlte vor lauter Freude, in Tshumbe fühl ich mich wohl und willkommen, ich fühl mich zu Hause und bei meiner Familie.

Tshumbe

Als wir in Tshumbe ankamen, sah man schon von Weitem die riesengroße Menschenmenge, alle wedelten sie mit Palmzweigen und man hörte Gesang und Trommelwirbel. Es war schon bald Abend und die Menschen hatten gestern und heute den ganzen Tag auf uns gewartet. Einfach wunderschön dieses Gefühl dort an zu kommen, ich kann es nicht beschreiben, wenn ich jetzt nur daran denke, dann springt mein Herz. Freudentränen wie immer kamen über mich und auch über viele meine Mitarbeiterinnen und die Kindern wieder in die Arme zu schließen war das schönste Gefühl. Zu sehen, wie sie wieder gewachsen sind und wie sehr sie sich freuen ist ein Gefühl, das unbeschreiblich ist und ich nie missen möchte. Ich danke all den liebevollen Menschen in Tshumbe, die mich und jedes Mal die Besucher so herzlich in ihre Mitte aufnehmen. So viel Liebe und Miteinander an diesem Ort, gibt es selten irgendwo auf der Welt beziehungsweise erlebe ich nur hier in Tshumbe, unbeschreiblich schön! Tradtitionell tanzten wir dann einige Stunden, sangen und freuten uns, darauf hab ich Laura und Petra schon vorbereitet und es ist immer wieder lustig und mit viele Lachen verbunden. Ich hab mich auch sehr gefreut, wie schön Papa Fabien wieder alles vorbereitet hat und dass er eine neue Paillotte (Unterstand für Sonne) für uns gebaut hat und alles repariert hat und schön hergerichtet hat, das ist einfach schön zu sehen, wie toll sie alle arbeiten und sich bemühen.

Am nächsten Tag zeigte ich die Mädls bisschen herum in Tshumbe und bei unseren Projekten und sie bereiteten sich auf die erste Woche vor. Auch die Umstellung auf das Leben in Tshumbe dauert für Besucher immer ein bisschen Zeit, da doch alles anders als bei uns ist, aber es ist für mich jedes Mal wieder schön und interessant, was alles so neu für sie ist, da es für mich auch zu Beginn neu war, ich mich aber inzwischen so sehr an alles gewöhnt habe, dass vieles ganz normal geworden ist und ich durch neue Volontäre wieder auf vieles aufmerksam gemacht werde und wieder neu zu schätzen weiß und mich begeistere.

Getanes in Tshumbe

Grundschule: Petra und Laura haben Fortbildungen mit unserem Lehrpersonal gemacht und wir haben wie jedes Mal ein Sommerlager veranstaltet, indem die Kindergarten- und Schulkinder auch in den Ferien kommen. Bei den Fortbildungen schaute ich immer wieder kurz vorbei, jedoch habe ich keine Zeit mich viel damit zu beschäftigen, da immer so viel anderes zu tun war und ich Petra und Laura vertraute, dass sie das gut machten. Mir ist es dabei auch immer wichtig, dass sie wissen was ihr Aufgabenbereich ist und damit selbstständig beschäftigen. Natürlich bin ich immer für sie da und wir besprechen vieles. Auch die Volontariatsarbeit (also das Überschauen und organisieren von den Aufgaben der Volontäre ist für mich schon extrem viel Arbeit und manchmal sehr viel Stress)

Nachdem Laura und Petra weg waren haben wir bei der Grundschule auch den Aufbau für die Regenwasserzisternen gebaut mit Maurern aus Tshumbe. Außerdem habe ich während der ganzen Zeit viele Besuche nach Wembonyama mit Papa Fabien machen müssen um die Dorfchefs und Inspektoren zu besuchen und Projekte und Vorhaben, Dokumente usw. zu besprechen, das ist auch hier von großer Wichtigkeit. Die Fahrt nach Wembonyama mit dem Motorrad dauert dabei ca. eine Stunde und ist immer wieder ein Abenteuer.

Kindergarten: Auch beim Kindergarten haben wir Ferienlager veranstaltet und über zwei Wochen hab ich Fortbildungen mit unserem Kindergartenpersonal gemacht. Das ist für mich eine sehr schöne Arbeit, gemeinsam mit meinen Mitarbeitern und dabei haben wir immer sehr viel Spaß  zusammen und viel zu lachen. Beim Kindergarten musste ich auch einen Personalwechsel machen und meine Mitarbeiter überprüfen, sowie auch neue einstellen. So auch beim Lehrpersonal in der Schule, in der wir eine neue Lehrerin einstellten. Für das neue Personal veranstalteten Papa Fabien, Mama Sylvie und ich drei Tage für Aufnahmeprüfungen, bei denen die BewerberInnen jeweils einen mündlichen und einen schriftlichen Test machen mussten. Hier prüften wir pädagogisches Wissen, Geografie, Mathematik, Schrift, Lesefähigkeit, usw) Es kamen hier sicher über 30 BewerberInnen, die die Matura mit dem Zweig Pädagogik in Tshumbe abgeschlossen hatten, jedoch ist das Bildungsniveau hier so tief, das die meisten nicht einmal lesen, geschweige denn ohne Fehler schreiben können. Darum haben wir aus dieser großen Gruppe dann nur zwei neue Mitarbeiterinnen aufgenommen (eine Kindergärtnerin und eine Lehrerin) Für uns ist es daher ganz wichtig die Kinder so gut wie möglich aus zu bilden, denn die Menschen in Tshumbe können nichts dafür, dass das Niveau so tief ist, das ist aufgrund der schwierigen Situationen und schlechten Situationen in Schulen so.

Garten: Unseren Garten haben wir weit vergrößert, so dass nun unser gesamtes 4,5 Hektar großes Grundstück genutzt ist. Das hat viel Zeit und Arbeit gebraucht, denn die Hälfte des Grundstücks war ein richtiger Sträucherdschungel, bei dem man nicht einmal einen Meter weit kommt. Wir haben alles noch einmal neu ausgemessen nachdem das gesamte Grundstück bearbeitet worden ist und alles umzäunt. Gemeinsam mit unseren Mitarbeitern haben wir dann alles bepflanzt mit Reis, Maniok und Mais. Außerdem haben wir auch einige Früchte angepflanzt, wie Bananen, Ananas, Kokosnüsse, Papayas,.. Da der Garten so extrem groß ist, ist es notwendig genug Gärnterinnen zu haben, deshalb beschäftigen wir im Garten nun 7 Gärtnerinnen.

Krankenstation: In der Krankenstation ist immer wieder viel zu tun, vor allem wenn die Kinder krank sind. Es gibt Tage an denen fast keiner krank ist und Tage bei denen 10 oder noch mehr auf einmal krank werden. Mit der Krankenstation haben wir gemeinsam Hausbesuche gemacht bei den Kindern daheim um Aufklärungsarbeit zu leisten und zu schauen, wie vor allem die hygienische Situation zu Hause aussieht. Außerdem sind Papa Fabien und ich dieses Mal sehr oft nach Dikungu ins dortige Krankenhaus gefahren, da wieder einige Kinder operiert wurden. Vor allem mit Aimerance und Helene, zwei unserer Kinder, die die Anämie SS haben (chronische Blutarmut), mussten wir oft ins Krankenhaus fahren und die beiden benötigen auch ganz bestimmte Medikamente, die äußerst schwer auffindbar sind hier in Tshumbe und auch im gesamten Kongo.

Zu unserer Krankenstation sind auch, wie immer, wieder viele Menschen gekommen mit großen Wunden, die sogar beim Krankenhaus nicht geheilt werden konnten oder die Patienten hatten kein Geld um beim Krankenhaus zu bezahlen. Bei uns müssen sie, falls sie nicht mit Geld bezahlen können, nach der Behandlung im Garten oder bei sonst anfälligen Arbeiten mithelfen. Einige Patienten, die wir behandelten möchte ich kurz nennen: Ein Mann, der nur mehr ein Bein hatte; eine Frau mit einer große offenen Wunde am Fuß; ein Junge mit einer großen offenen Wunde am Bein; ein Mann mit Verbrennungen; ein Baby mit Verbrennungen;…

Außerdem werden in der Zwischenzeit auch immer sehr viele Babys zu uns gebracht, die Hilfe benötigen. Beispielsweise kam eine Nachbarin zu uns mit ihrem unterernährten Baby, da sie keine Muttermilch mehr hatte. Das Baby war nur mehr Haut und Knochen! Eine andere Mutter kam aus dem 18 km entfernten Wembonyama mit ihrem Baby,  das auch schon unterernährt war, da auch die Mutter keine Muttermilch mehr hatte. Ein anderes Baby wurde zu uns gebracht, deren Mutter erst 13 Jahre alt ist und keine Muttermilch hat. Das Baby wurde erst vor kurzem geboren und hatte seither nichts richtiges zu essen, es hatte nicht einmal mehr Kraft zum schreien oder weinen. Ein anderes Baby wurde zu uns gebracht, deren Mutter im Krankenhaus Dikungu an Malaria gestorben war und der Vater eine Behinderung am Bein hatte. Die Mutter hatte fünf Kinder hinterlassen und das Baby war 5 Monate alt und hat seit dem Tod der Mutter (seit einigen Tagen) nichts mehr gegessen. Auf die Bitte des Vaters hin für das Baby eine Familie zu suchen, da er selbst nicht die Möglichkeit hatte sich um es allein zu kümmern, haben Mama Aloki und Papa Fabien sich bereit erklärt das Baby als ihr Kind auf zu nehmen. Sie werden dabei von uns unterstützt und das Baby haben sie Angelika (nach meiner Mutter) benannt.

Wieder ein anderes Mal kam eine Mutter mit ihrem kleinen Bub zu uns um nach Hilfe zu bitten, da sie nicht wusste, was mit ihrem Kind los ist. Es war gleich offensichtlich, dass der Junge geistige Behinderung hatte, jedoch hatte die Mutter von so etwas noch nie zuvor gehört. Wir haben ihr Tipps gegeben und viel Hilfestellung, wie sie mit dem Kind umgehen sollte und dass er ganz speziell viel Aufmerksamkeit und Förderung benötige und sie war herzlich froh darüber. Außerdem versicherte ich ihr, dass er bei uns im Kindergarten, sobald er 3 Jahre alt ist, einen Platz bekommen würde.

Unsere Gärtnerin Eugenie hat im 10. Schwangerschaftsmonat ihr 11. Kind geboren in einer Geburtenstation in Tshumbe. Die Geburtenstation ist nur eine kleine, schon zusammenfallende Lehmhütte, doch sie ist bekannt als die beste Geburtenstation weit und breit. Das Kind war eine Todgeburt und sie wog über 5 kg bei der Geburt. Am Morgen nach der Geburt hab ich Eugenie sofort besucht, sie war völlig erschöpft und traurig. Auch das tote Baby wurde mir gezeigt und ich konnte die Geburtenstation besichtigen sowie auch mit dem Personal reden. Ich möchte gerne mehr für diese Geburtenstation tun und ihnen helfen und am liebsten eine eigene Geburtenstation mit ausreichend medizinischen Materialien bauen! Solche Ereignisse nehmen mich immer mit, vor allem ein totes Baby zu sehen reißt einem das Herz heraus, doch ich habe in Tshumbe schon so viel Leid gesehen und miterlebt, dass ich schon ein wenig abgehärtet bin. Ich hab auch nicht viel Zeit zum Nachdenken, da ich so viel beschäftigt bin, solche Situationen überwinde ich psychisch, indem ich mir denke, dass ich noch mehr helfen kann und mir wieder Ideen einfallen, wie man das verbessern kann.

Nähwerkstätte: Nachdem die beiden Volontärinnen weg waren, haben wir auch unser neuestes Projekt gestartet- die Nähwerkstätte. Hier beschäftigen wir nun drei Schneiderinnen, die jeden Tag fleißig nähen. Sie haben Uniformen, Kleider und Hosen mit Shirts für jedes Kind, Vorhänge, Tischdecken, Accesoires und Kleidung zum Verkauf in Tshumbe und Österreich genäht und sind immer sehr beschäftigt. Dieses Projekt ist wieder einmal sehr gelungen und macht mir sehr viel Freude!

Mitarbeiter: Wir haben nun von 23 Mitarbeitern auf 32 Mitarbeiter aufgestockt. Es war für mich und für alle eine große Freude so viel motivierte Leute dabei zu haben und so eine große Mitarbeiterbesprechung zu halten. Wir sind schon ein ganzes Dorf und das ist wunderbar. Das tollste war, als die Mitarbeiter ihre Fahrräder bekommen haben, die wir in Lodja gekauft hatten. 13 Mitarbeiter hatten dieses Jahr wieder Fahrräder bekommen, zwei Jahr zuvor schon 10 Mitarbeiter. Das war ein riesengroßes Fest.

Ein Mitarbeiter, unser Wächter der Grundschule, wurde ersetzt durch einen neuen, denn er hat Tuberkulose. Das war für mich auch wieder eine komplett neue Erfahrung und auch etwas beängstigend, da diese Krankheit extrem ansteckend  und tödlich ist und ich schon Angst hatte, dass ich sie selbst bekomme. Wir haben unseren Wächter ins Krankenhaus nach Dikungu geschickt, jetzt muss er über 6 Monate jeden Tag spezielle Medikamente bekommen und darf nicht zu nah an die Kinder kommen, deshalb haben wir ihn für die Heilung nach Hause geschickt. Die Wächterhütte mussten wir wegen der hohen Ansteckungsgefahr verbrennen und daraufhin eine neue bauen. Gott sei Dank wurde niemand anderer angesteckt und wir sind auf die Krankheit aufmerksam geworden bevor unser Wächter daran gestorben wäre.

Patenkinder: Zuerst haben Laura und Petra einige Patenbriefe und Geschenke ausgeteilt und Hausbesuche bei den Kindern gemacht, da sie aber nicht wissen, wo die Kinder wohnen und die Vorgeschichten der Kinder nicht wissen, hat vieles oft lang gedauert. Ich bin ihnen aber sehr dankbar für die tolle Arbeit, die sie geleistet haben, denn all das ist nicht einfach. Außerdem haben sie auch die Patengeschenke beim Markt in Tshumbe teilweise gemeinsam mit mir eingekauft und allein schon das ist sehr, sehr viel Arbeit. Später, als die beiden dann weg waren, hab ich noch alle restlichen Patenkinder besucht und Geschenke und Briefe ausgeteilt.

Gemeinsam mit unserem Personal von der Krankenstation bin ich auch zu jedem Viertel von Tshumbe gefahren (mit dem Fahrrad) und habe die Einschreibung für unsere neuen Kindergartenkinder gemacht. Das war viel Arbeit und wir mussten einige Tage viel durch Tshumbe fahren, da ist viel Kraft und Geduld gefragt. Schlussendlich haben wir dann wieder ca. 30 neue Kinder aufgenommen und Papa Fabien und ich haben sofort einen Elternabend für die neuen Eltern veranstaltet.

Kerby's Projekt

Mein Mann, Kerby, baut nun auch in Tshumbe ein Projekt auf, das der Region sehr zu Gute kommt und sie sehr entwickeln wird. Er möchte Palmöl raffinerieren und dann noch aus Palmöl Biodiesel herstellen. Wenn man jetzt das Wort Palmöl in den Mund nimmt, wird das hier oft sehr negativ betrachtet, doch man muss die Hintergründe wissen, vor allem beim Projekt von Kerby sind diese sehr positiv. Er baut keine Palmölplantagen an, denn die Region um Tshumbe ist die größte natürliche Palmölregion, es gibt hier unzählig viele Palmöl-Palmen, die gar nicht genutzt werden- die Palmnüsse fallen herunter und können gar nicht alle verarbeitet werden, da es zu viele sind. Das Palmöl zu verwenden würde unzähligen Menschen, vor allem den Frauen sehr viel Arbeit schaffen und Möglichkeiten geben, ihre Familie zu ernähren und ihre Kinder in Schulen zu schicken. Denn das unraffinierte Palmöl verursacht in Tshumbe viele Krankheiten wie hoher Blutdruck oder hohen Cholesterin, daraufhin sterben viele Menschen um die 50 Jahre oder schon mit 30, doch wegen Nicht-Wissens wird es der Hexerei zugeschrieben.

Das Kochöl, das es in Tshumbe auf dem Markt zu kaufen gibt, oder auch den Diesel zum tanken, wird aus China und Indien in den Kongo importiert und kostet bis es in Tshumbe ist sehr, sehr viel. Keiner kann es sich leisten und der Kongo selbst hat alles, jedoch wird fast nichts in dem Land selbst produziert. Durch Kerby’s Projekt wird ein lokales Produkt hergestellt und es werden sehr viele Arbeitsplätze geschaffen. Frauen können Geld verdienen und die Region wird weiter entwickelt.

Daher hat er einen Unimog in Deutschland gekauft und ihn in den Kongo verschiffen lassen. Bei dieser Reise ist er dann über den Landweg von Kinshasa nach Tshumbe angekommen und wir haben ihn schon hier in Betrieb genommen. Er hilft uns schon jetzt sehr viel bei Fahrten nach Lodja oder bei der Materialienherbeischaffung. Kerby hat auch schon vor zwei Jahren ein Grundstück neben unserem gekauft und darauf ein Gebäude für das Projekt gebaut. Das Gebäude hab ich nun für ihn fertig gestellt und auch den Aggregat und die Maschinen untergebracht. Bei der nächsten Reise werden dann die Maschinen in Betrieb genommen.

Blitz und Donner

Wo ich in Tshumbe immer noch Angst habe, ist, wenn es blitzt und donnert. Denn die Gewitter sind hier extrem laut, dauern lange und sind sehr gefährlich. Oft höre ich, dass Menschen vom Blitz getroffen werden, besonders ich hab immer besonders Angst, da wir ja durch das Solarpanel Strom haben und das in Tshumbe nicht so viele Menschen haben, deshalb hab ich Angst, dass es den Blitz anzieht. Wenn im September die Trockenzeit zu Ende geht und langsam die Regenzeit beginnt sind die Gewitter immer am stärksten. Auch dieses Mal war das wieder so und es war einmal so ein schlimmes Gewitter, dass jemand von unserem Viertel (in dem Viertel indem ich wohne, also im Prinzip fast mein Nachbar) vom Blitz getroffen wurde und starb. Das Gewitter war so laut, es ist wirklich erschreckend und angsteinflößend. Wenn ich vor einer Sache hier im Kongo Angst hab, dann vom Gewitter.

Leider bringen hier Blitzableiter auch nicht viel, denn wenn ich die einzige bin, die Blitzableiter hat, dann kommt der Blitz auch wieder immer zu mir. Außer man stattet viele Häuser mit Blitzableitern aus, das wär die einzige Möglichkeit.

Auch einige Zeremonien und Feiern hab ich auch wieder miterlebt, was wieder einmal sehr spannend und lehrreich für mich war, wie zum Beispiel die Übergangszeremonie bei der Familie Loma. Da die Mutter der vier Kinder (die alle bei uns in den Kindergarten und Schule gehen) letztes Jahr gestorben ist, musste der Vater noch das letzte traditionelle Abschiedsfest veranstalten, um Abschied zu nehmen von der Mutter und die älteste Tochter nun als Oberhaupt der Familie zu bestimmen.

Abschied von Tshumbe

Nachdem alles erledigt und fertig gestellt wurde, war die Zeit auch schon wieder vorüber und ich musste mein geliebtes Tshumbe verlassen. Und jedes Mal gäb es wieder noch mehr zu tun, doch leider ruft die Uni wieder und ich muss nur noch ein Semester fertig machen, dann kann ich mich Anthropologin nennen. Der Abschied war für mich wieder sehr schwer und ich hab sehr viel geweint, vor allem beim Abschied der Kinder und von den Mitarbeitern, hier vor allem bei Mama Aloki, die für mich meine beste Freundin hier ist. Es ist als würde ich meine Heimat verlassen und von meiner Familie getrennt werden, so sehr liebe ich diese Menschen. Wenn ich sie verlasse dann schluchze ich regelrecht und mein Herz bricht in kleine Stücke, doch ich reiße mich zusammen und weiß, dass ich bald wieder kommen werde.

In Kinshasa angekommen hab ich dann noch zwei Wochen mit meinem Mann, Kerby verbracht, der nun in Kinshasa bei der amerikanischen Botschaft arbeitet. Wieder ein ganz anderes Leben, von Tshumbe nach Kinshasa und in die schöne Wohnung von Kerby. Doch mit den Umstellungen und Veränderungen komm ich mittlerweile sehr gut klar. Hier hatte ich dann noch etwas Zeit mich um die Schreibarbeit zu kümmern, Mitarbeiterverträge, Berichte, Buchhaltung und noch vieles mehr und auch wieder einiges ein zu kaufen hier für Tshumbe.

Ich danke all meinen Mitarbeitern, die so motiviert und fleißig sind und danke vor allem Kerby, meinen Mann, der mich so sehr unterstützt, bei all dem was ich mache.

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